Das politische WTC-Syndrom

(Foto: © Wilfried Albishausen)

(Foto: © Wilfried Albishausen)

Das politische WTC-Syndrom
PISA-Studie für die Politik?

Januar 2002 - Wir alle haben noch den Abend des 11. September in Erinnerung, als die schrecklichen Bilder der Terroranschläge in den USA über die Bildschirme gingen. Politikern aller Parteien, Berichterstattern und Zeitzeugen stand der Schrecken und die Ohnmacht ins Gesicht geschrieben. Alle, aber auch wirklich alle bezeugten uneingeschränkte Solidarität mit dem amerikanischen Volk. Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärte sofortige Unterstützung bei der Verfolgung dieses bisher für unmöglich gehaltene Verbrechens, und zwar "ohne Wenn und Aber".


Nun lag der Tatort dieses Verbrechens geografisch weit entfernt, allein die Medien schafften eine gespenstige und bedrückende Nähe, der sich wohl niemand entziehen konnte und auch wollte. Nur wenige Tage später erreichte die Bundesrepublik eine direkte, realistische und zugleich ernüchternde Erkenntnis. Die Terroranschläge waren unter anderem von Tätern begangen worden, die sich als Studenten in Hamburg und anderswo über einen längeren Zeitraum "unauffällig" aufgehalten hatten. Nach und nach schon im Vorfeld der Rasterfahndung stellten Staatsschutz und Verfassungsschutz fest, es gab weitere "verdächtige Personen", die für Geldbeschaffung, Geldwäsche und logistische Unterstützung zuständig waren.


Auch die nun knapp 100 Tage nach den Anschlägen greifende Rasterfahndung in den einzelnen Bundesländern bestätigt den Verdacht, Deutschland ist ein nicht unerheblicher Ruheraum für international agierende Terroristen.
Ein aus der Sprache des Geheimdienstes entliehener Begriff wird durch zum Teil selbsternannte "Terrorismusexperten" gefragt oder ungefragt in die öffentliche Diskussion getragen. Alles springt sofort drauf an, lenkt dieser Begriff doch zunächst davon ab, dass diese Terroristen hier in unserem Rechtsstaat in irgendeiner Weise "aktiv" gewesen sein könnten. Selbstberuhigung pur man konnte ja gar nichts bemerken, dass Sicherheitssystem in Deutschland ist eigentlich perfekt!
Mittlerweile ist der "Schläfer" aus dem Vokabular der Politik und der Medien verschwunden. Weiß man doch, dass einige dieser "Verdächtigen" exakt am 11.9.2001 die Bundesrepublik in Richtung Pakistan verlassen haben. Bei näherem Hinschauen stellt man ebenfalls fest, dass einige dieser "Studenten" alles andere als studiert haben. Umfangreiche Reisetätigkeiten in die USA, Kanada, aber auch Pakistan und Saudi-Arabien sprechen gegen ein geordnetes Studium an Deutschlands Universitäten, eher für etwas anderes... Aber was?


Dieses "was" werden wir über kurz oder lang wissen, wurde in Nordrhein-Westfalen immerhin der Staatsschutz und der Verfassungsschutz verstärkt, um das eigene Spurenaufkommen und die Hinweise aus den USA schnell und präzise abzuarbeiten. Finanzermittler wurden sofort mit Nachforschungen im Rahmen der "Geldwäsche" beauftragt, zwar ohne Rechtsgrundlage, jedoch mit dem ernsten Willen und der Unterstützung der Banken. Die Kriminalkommissariate der Polizeiinspektionen und der Zentralen Kriminalitätsbekämpfung unter Fachleuten und von der Öffentlichkeit immer noch Kriminalpolizei genannt mussten dabei Federn lassen, da das Innenministerium für diese Aufgabe "erfahrene Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamte" eingesetzt sehen wollte. Unterm Strich: Auch die nordrhein-westfälische Kriminalpolizei hat seit dieser Zeit erhebliche Mehrbelastungen zu tragen, die Luft für andere Kriminalitätsbereiche ist dünner geworden Bundesinnenminister Otto Schily und seine Länderkollegen zauberten in atemberaubender Geschwindigkeit ein Anti-Terror-Paket nach dem anderen aus dem Hut, mittlerweile ist bereits das Anti-Terror-Paket III angekündigt. Was drin stehen soll, ist zwar noch nicht klar, aber politisch ein probates Mittel den politischen Gegner, mit dem man am 11. September noch betroffen in einer Reihe stand, auf Distanz zu halten und den Bürgerinnen und Bürgern zu zeigen: "Wir tun was!". Und auch hier zwingt sich die Frage auf: "Was, und vor allem Wie?"


Nun will ich nicht bestreiten, dass der sogenannte "Otto-Katalog" durchaus gute und wirksame Maßnahmen enthält. Wissen wir doch, dass der 11. September das Datum war, an dem die Versäumnisse einer halbherzigen Sicherheitspolitik nicht nur in Nordrhein-Westfalen lediglich offenkundig geworden sind:
Projekt "Inpol-neu"
Bereits seit 9 Jahren experimentiert eine Bund/Länder-Projektgruppe an einem neuen "EDV-Netzwerk", dass das alte, müde gewordene und nicht mehr anwenderfreundliche Inpol-System ablösen sollte und zu einem bundesweiten Datenaustausch der Länderpolizeien mit dem Bund (BKA) führen sollte.


Schon vor dem 11. September war klar, dass dieses Projekt scheitern muss und damit etwa 120 Millionen DM in den Teich gesetzt waren. Das Gutachten der Firma KPMG zu "Inpol-neu" spricht eine eindeutige Sprache. Tenor des Gutachtens: "Das Projekt sollte nicht weiter fortgeführt werden..." Der Bundesrechnungshof hatte die Arbeit der Projektgruppe ebenfalls untersucht. Missmanagement der Projektgruppe und Behinderung der Untersuchung des Bundesrechnungshofes durch die Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums. Unklar ist derzeit immer noch, ob das System technisch scheiterte oder aus politischen Gründen "Tode verurteilt" worden ist. Immerhin findet in diesem Jahr die Bundestagswahl statt und Themen wie "Innere Sicherheit" werden eine bedeutende Rolle dabei spielen.


Noch vor Redaktionsschluss erfolgt eine Wende: Der AK II und die Innenministerkonferenz betreibt die Reanimation von INPOL-neu, zwar mit gebremstem Schaum und neuem Projektleiter, aber mit belebendem Adrenalin einer BDK-Arbeitsgruppe, die zeitnah und offensichtlich punktgenau eingesetzt werden konnte. Es geht also doch Dialog mit der Politik ist möglich!


Ich gehe davon aus, dass dem Autor auch jetzt noch vorgeworfen wird, er überziehe, die Darstellung entspräche nicht der Realität. Für alle Realisten in Politik und Polizei ein Beispiel: Bis heute ist es nicht möglich, ein Täterbild aus einer nordrhein-westfälischen Behörde nach Berlin oder anderswo elektronisch zu übersenden, schon gar nicht ins benachbarte Ausland; es sei denn, man bemüht seinen Privatanschluss und verschickt via Email.


Auch die nordrhein-westfälische Polizei gelobt Besserung. Aufgeschreckt durch den Terroranschlag gibt es nun ein Sonderprogramm in Höhe von 8,5 Millionen Euro, um wenigstens den Staatsschutz, die Finanzermittler und die Kriminalkommissariate zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität landesweit mit netzwerkfähigen PC auszustatten. Allerdings in einem Landesprojekt, dass erst 2004 abgeschlossen sein soll. Soweit so gut, auch hier kommen Zweifel auf. Warum nur die OK-Dienststellen, der Staatsschutz und die Finanzermittler? Nur ein Komplettsystem nutzt, alles andere ist "Patchwork". Solange keine flächendeckenden behördeninterne und landesweite Netzwerke funktionsfähig erstellt sind, müssen wir uns allerdings keine Sorgen um ein Bund/Ländersystem machen.


BKA, BGS und Zoll ermitteln unkoordiniert
Mit seinem durch den 11. Bundesdelegiertentag verabschiedeten Maßnahmenkatalog verbindet der BDK eine zentrale Forderung zur Bekämpfung des Internationalen Terrorismus. Stop dem Nebeneinander von Bundeskriminalamt, Bundesgrenzschutz und Zoll. Während sich das BKA seit einigen Jahren mehr und mehr aus Exekutivaufgaben zurück gezogen hat, entwickelte sich zunehmend eine Kriminalpolizei im Bundesgrenzschutz mit speziellen Aufgaben in der Fläche, vornehmlich im Bereich der "Schleuserkriminalität". Damit aber auch - von den Länderinnenministern bemerkt oder unbemerkt z. B. im Bereich des Rotlichtmilieus das, geht es um Menschenhandel, irgendwie immer tangiert ist.


Mag sein, dass die Länder diese Unterstützung als hilfreich empfinden, eine Koordination nicht nur mit den Länderpolizeien sondern auch mit BKA und Zoll ist dann jedoch zwingend. Der Zoll bekämpft seit langem Delikte der Rauschgiftkriminalität, Steuervergehen und Produktfälschungen. Also noch eine Behörde, die nicht nur die Länderaufgaben tangiert, sondern auch die Aufgaben des BGS und des BKA. Und das Bundeskriminalamt? Nun ein Projekt jagt das andere, man zog sich auch bei Straftaten mit internationalen Bezügen aus der Fläche zurück, es gibt ja noch den BGS, die LKÄ und die OK-Dienststellen in den Ländern.
Es vergeht keine Nachrichtensendung, kein Magazin, und keine bei Politikern so beliebte Talkshow, in der man nicht das Schlagwort des Jahrhunderts hört: "Globalisierung". Und welche innenpolitischen Schlüsse zieht man daraus? Na, klar: "Klein-Klein in den Ländern und im Bund".


Offensichtlich hat man den BDK falsch verstanden oder falsch verstehen wollen, anders ist die Antwort des IMK-Vorsitzenden Dr. Püchel zu genau dieser Frage zu verstehen. "Machen die Länder nicht mit, Verfassungsprobleme und wenn, nur dann, ja wenn es wirklich notwendig ist. Er bezieht sich mit seiner Feststellung auf die Innenministerkonferenz, also auch auf die B-Länder. Und da kommen mir schon wieder Zweifel. Haben sich die Innenminister mit diesem Problem überhaupt auseinandergesetzt? Wollen Sie einen Fachverband, der es besser weiß, etwa nur ruhig stellen? Wissen die Innenminister überhaupt um die Probleme des Nebeneinander vieler Behörden? Sind nicht die "Gemeinsamen Ermittlungsgruppen Rauschgift (GER) in einigen Behörden in Nordrhein-Westfalen bereits Realität? Ist man tatsächlich so beratungsresistent, das man das Risiko in Kauf nimmt? Was sagen unsere Politiker, wenn es uns trifft und man trotz der Warnung der Anschläge in den USA nicht reagiert hat? Die Reaktion der Politik ist dem Verfasser bekannt: Wird ein Verband wie der BDK heftig und erlaubt sich auch noch das in die Öffentlichkeit zu tragen, ist die Politik pikiert: "Warum haben Sie uns nicht vorher mal angesprochen?". Genau das haben wir schon lange vor dem 11. September getan. In Bund und in den Ländern. Schon Jahre vorher haben Experten vor einem Desaster gewarnt, ohne Erfolg. Selbst die Medienberichterstattung im Mai 2001 führte zu der bloßen Feststellung: "Wir geben uns alle Mühe, kritische Berichterstattung in den Medien stört nur..."
Der BDK wird weitere Gespräche anbieten, allerdings in Augenhöhe...


Initiativermittlungen durch das BKA
Schieres Entsetzen ob der Forderung von Otto Schily, das Bundeskriminalamt mit der Kompetenz zu Initiativermittlungen auszustatten. Spätestens hier war es mit dem Schulterschluss der Demokraten zu Ende. Insbesondere die bereits bekannten Bedenkenträger von Bündnis 90/Die Grünen, ja, selbst unsere Justizministerin erklärte mit oder wider besseres Wissen, das sei mit der Verfassung nicht Einklang zu bringen, billige es dem BKA doch "geheimdienstliche Aufgaben" zu. Welch ein Unsinn war da im "Heute Journal" zu vernehmen. Es ist geradezu unverantwortlich und dumm, wenn Mitarbeiter des Justizministeriums derartiges in die Öffentlichkeit lancieren. Das, was bereits seit Jahren zur Bekämpfung von schwerer Kriminalität in den Polizeigesetzen der Länder geregelt ist, soll für das BKA "verfassungswidrig" sein? Nein, hier hat Politik wieder einmal nicht richtig hingehört, oder benötigte einen Nebenkriegsschauplatz, um die Geschlossenheit der Regierungskoalition zu zelebrieren.


Damit war eine Ermächtigung für das BKA im Vorfeld von Straftaten internationaler Terroristen tätig zu werden, vom Tisch. Eine Chance, das BKA nicht erst nach Begehung einer solchen Tatenserie operativ zu aktivieren.
Allerdings ist sich der Autor sicher: Sollte die Bundesrepublik Deutschland zukünftig Terrain für Terroranschläge sein, werden die gleichen Politiker das Berichtswesen strapazieren, um festzustellen, warum BKA - und wahrscheinlich auch BGS nichts im Vorfeld dagegen unternommen haben.


Biometrische Merkmale in Ausweisen
Zugegeben, in der Bundesrepublik Deutschland erzeugen Fingerabdrücke in Ausweisen und Pässen ein gewisses Unwohlsein, kennen wir die Abnahme von Fingerabdrücken doch nur als "erkennungsdienstliche Behandlung" von Beschuldigten, hilfslosen Personen oder unbekannten Toten. Andere Länder der Welt, manche mit nicht so "ausgefeilten" Meldesystemen wie die der Bundesrepublik, schützen sich damit unter anderem auch vor Missbrauch der Staatsangehörigkeit, besonderer staatlicher Leistungen, die nur personenbezogen zu gewähren sind oder nutzen den Fingerabdruck, um ordnungsgemäße Wahlen sicherzustellen.


Nun, das haben wir in der modernen Bundesrepublik doch nicht nötig, oder?
Oh doch! Das Meldewesen in der Bundesrepublik zeigt sich löchrig wie ein Schweizer Käse. Um- und Rückmeldungen bei Umzug sind vom guten Willen des Betroffenen abhängig. Die Datensätze des Ausländerzentralregisters sind Schätzungen zu folge nur zu etwa 50% aktuell, sie stimmen nur selten mit den Akten der Ausländerämter überein.
Nur etwa Zweidrittel der Asylbewerber werden durch die Ausländerämter erkennungsdienstlich behandelt, ein Vergleich mit Datensätzen von AFIS ist unzulässig.
Ausländer, die illegal in die Bundesrepublik einreisen, werden wegen dieses Verstoßes gegen das Ausländergesetz zwar erkennungsdienstlich behandelt, die Aufbewahrung der Fingerabdrücke und Lichtbilder erfolgt je nach Richtlinien der Länder nur etwa 2 Jahre. Dann sind sie zu vernichten. Meist zu einem Zeitpunkt, zu dem der illegal eingereiste Ausländer noch in der Bundesrepublik aufhältig ist. Wird er abgeschoben und versucht die Wiedereinreise, sind die Landesbestände in aller Regel vernichtet, obwohl ein Eintrag im Fahndungsbestand diese Person als "zur Abschiebung" ausweist. Und das für einen Zeitraum von 10 Jahren.


Lediglich das BKA hält einen Fingerabdruckbogen obwohl im Landesbestand vernichtet im Bestand. Eine Lücke in den Richtlinien von Bund und Ländern. Bis heute ist es nicht gelungen, zu einheitlichen erkennungsdienstlichen Richtlinien zu kommen.
Und nun möchte der Bundesminister des Inneren "Fingerabdrücke in Pässen und Ausweisen", von weiteren biometrischen Daten war die Rede.
Erneut meldete sich Justizministerin Däubler-Gmelin und ließ im "Heute Journal" verkünden, biometrische Daten, die "Erbgut-Analysen" zuließen, seien mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Recht hat sie, aber leider "Thema verfehlt". Das will niemand. Auch hier und jetzt glaube ich nicht mehr an ein Missverständnis wurde wider besseres Wissen mit der Angst der Bevölkerung gespielt. Hier passierte das, was man gerne konstruktiv-kritischen BDK-Funktionären vorwirft: "Politik mit der Angst der Bevölkerung zu machen". Eine Angst, die allerdings 95% der Bevölkerung nicht haben und auch nicht haben müssen.


Es fällt auf, dass Politiker in solchen Fragen zunehmend an der Masse der Bevölkerung vorbei gemacht wird. Da ist dann von "Stammtischparolen" von den "Leuten" manchmal auch den kleinen Leuten die Rede und man reduziert "Politik" auf 5% "vermeintlich" Intellektueller, nimmt offensichtlich die Sorgen und Nöte nur verbal wahr.


Wer Politik für nur noch einen geringen Teil der Bevölkerung macht, läuft Gefahr dauerhaft Mehrheiten bei den Wahlen zu verlieren. Und das hat nichts mit "Populismus" zu tun.
Bei Redaktionsschluss wurde bekannt, dass "Fingerabdrücke in Ausweisen" erst in der nächsten Legislaturperiode also erst 2003/2004 eingeführt werden können. Hierzu bedarf es eines weiteren Gesetzes Anti-Terror II reicht eben nicht aus.


Wiedereinführung der Kronzeugenregelung
Ich habe mir mal die Mühe gemacht und die Presseerklärungen des BDK zur Wiedereinführung der Kronzeugenregelung gezählt. Mehr als 15 Veröffentlichungen, die sich mit der Wiedereinführung der Kronzeugenregelung beschäftigen, im Bund und in den Ländern verpufften im bereits bekannten Ideologien-Streit. Dabei "outen" sich Politiker immer häufiger einer höchst unpolitischen Vollkasko-Mentalität. Argumente wie "noch ist die positive Wirkung nicht bewiesen" oder "Mörder dürfen nicht ungeschoren davon kommen" zeugen erneut von Unwissen oder Ignoranz gegenüber den Fachleuten. Niemand will, dass sich Mörder als Kronzeugen von Strafe freikaufen, aber alle wollen eine wirkungsvolle Verbrechensbekämpfung, und zwar besonders dort, wo die Aufklärung wegen des konspirativen Verhaltens der Täter besonders schwierig ist.
Es fällt auch auf, dass im Zusammenhang mit den Anti-Terror-Paketen I und II von "Regelungen auf Zeit" gesprochen wird. Richtig so, Gesetze bedürfen einer ständigen Überprüfung, ob sie noch sachgerecht sind, reformiert oder aufgehoben werden müssen. Allerdings gilt dies für alle Gesetze, Verordnungen und Richtlinien. Also, meine Damen und Herren Politiker, es gibt viel zu tun, nicht nur bei der Terrorbekämpfung auch im Finanz, Wirtschafts- und Kulturbereich, denn "PISA" lässt auch hier zweifeln...


Personalverstärkung der Sicherheitsbehörden
Schon nach kurzer Zeit waren Forderungen nach "mehr Polizei" in Größenordnungen von bis zu 50.000 Beamtinnen und Beamten zu vernehmen. Soweit so gut, ein "Mehr" kann nicht schaden und die Bevölkerung sieht erneut, man tue was, meint man auf den ersten Blick, erst der zweite Blick scheint Aufklärung zu bringen. Nur wenige sprachen davon, dass diese neuen MitarbeiterInnen erst in drei bis vier Jahren zur Verfügung stehen und zudem sich die Finanzierung dieses "Mehr" als äußerst problematisch darstellen sollte. Vom Problem der mangelnden Bewerber wie in NRW zu befürchten einmal abgesehen.


Der BDK insbesondere in NRW hatte bereits vor dem 11. September geraten, eine dringende Organisationsuntersuchung nach innen durchzuführen. Wo befinden sich PolizeivollzugsbeamteInnen in Funktionen, in denen sie der operativen Arbeit entzogen sind? Will heißen: Können wir uns Mitarbeiter in Stäben und Führungsstellen erlauben, die sich dort ausschließlich und überwiegend mit Aufgaben des Neuen Steuerungs- und Führungssystems in NRW und anderswo beschäftigen, erlauben? Ist es vertretbar, dass hier Aufgaben wahrgenommen werden, deren Ergebnisse mangels Masse an der "Front" nur teilweise oder gar nicht umgesetzt werden? Muss nicht gerade ein "modernes" Steuerungs- und Führungssystem eine schnelle und effiziente Reaktion wie sie der 11. September erforderte gewährleisten? Sollte nicht gerade "vorausschauende" Personalplanung ein wesentliches Element eines modernen Führungs- und Steuerungssystem sein? Oder "führen und steuern wir nur deshalb neu", um den Mangel oder sogar Personalabbau zu verwalten bzw. zu betreiben? Die Politik muss sich entscheiden, ob sich Personalbedarfsplanung ausschließlich an Haushaltsmitteln oder im wahrsten Sinne des Wortes am Bedarf orientieren soll. Erst dann kann sie die Frage unserer Bürgerinnen und Bürger beantworten, wie sicher lebe ich in der bundesrepublikanischen Gesellschaft. Personalbedarfsplanung nach dem "Hütchen-Spieler-Prinzip" kann tödlich sein auch im wahrsten Sinne des Wortes.


Koordination der Sicherheitsbehörden auf einer oberen Netzwerkebene
Kurz nach Veröffentlichung des Maßnahmenkataloges des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen waren erste kritische Stimmen gerade zu diesem Thema zu hören. Funktioniert alles tadellos, Quellenschutz für die Dienste, Vermischung von Diensten und Polizei unvereinbar mit dem Grundgesetz und ähnliches überrannte einen Vorschlag, der wiederum nicht verstanden worden war. Hier ist die Rede von "Zusammenarbeit" und "Koordination", nicht von Vermischung, Aufhebung des Quellenschutzes.


Und heute? Nun, nach dem eklatanten und desaströsen "Stockfehlers" bei dem Antrag auf Verbot der NPD wird vielleicht deutlich, was der BDK gemeint hat. "Koordination" und "Zusammenarbeit" wenigstens unter den Diensten der Länder und des Bundes hätten Schlimmes verhindert.
Auch die erheblichen Probleme bei der Koordination des Einsatzes in Sachen Metin Kaplan in Köln schreien nahezu danach, die Sicherheitsarchitektur des Bundes und der Länder zu überdenken. Es ist unerträglich, wenn die Abschöpfung und die Beschlagnahme des Vereinsvermögens mindestens erschwert wurde, weil Finanzermittler vor lauter Abschottung erst am "Objekt" von ihrem Auftrag erfuhren.
Wenn der Präsident des BKA, Dr. Kersten, bei der Herbsttagung von Sicherheitsarchitektur spricht, diesen Gedanken gleichzeitig aber verwirft, weil politisch kaum umsetzbar und lange Zeit in Anspruch nehmend, zeigt dies, dass es nur am notwendigen Willen fehlt, die Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder von ihrer babylonischen Sprachverwirrung zu befreien und fit zu machen für ein sinnvolles, fachlich begründetes und abgestimmtes Miteinander.
Die von ihm genannten "information boards" sind ein erster Schritt, weitere müssen folgen.


Fazit:
Es ist fünf nach zwölf und an der Zeit, dass sich Politik an der Sache orientiert, agiert und nicht reagiert, die Qualifikation der handelnden Personen überprüft und dem Bürger sagt, wie viel Innere Sicherheit kostet. Ideologisches Gezänk stößt ab und ist der Steilpass für jeden Kriminellen, die Bundesrepublik Deutschland als Ruhe- oder Agitationsraum zu nutzen...

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