Der Edathy-Deal - angemessen?

03.03.2015 Ein Schuldeingeständnis, das laut Edathys Erklärung direkt nach der Einstellung gar keines ist, und die Zahlung von 5.000,00 € bei einem monatlichen Einkommen von 10.000,00 € soll nun der allseits dem Rechtsstaat genügende Abschluss eines Strafverfahrens wegen des Besitzes von Kinder- und Jugendpornografie gewesen sein. Die Entrüstung in der breiten Bürgerschaft, zu der übrigens auch unsere Ermittlerinnen und Ermittler in diesem schäbigen Kriminalitätsbereich gehören und denen die tägliche Arbeit nicht nur durch mangelhafte rechtliche Rahmenbedingungen schwer gemacht wird, ist groß. Ein solches "Husarenstück" einer falsch verstandenen Prozessökonomie ist mit normalem Menschenverstand nicht nachzuvollziehen und muss zwangsläufig dazu führen, den Glauben an unseren Rechtsstaat zu verlieren.

Da helfen auch nicht die meist "staatstragend" und öffentlich vorgetragenen Statements, wonach solche Deals zigtausendfach vorkommen und noch schlimmer Edathy in einer Opferrolle sehen, der dringender Hilfe bedarf. Edathy selbst hat alles getan, um die Inanspruchnahme der Einstellungsnorm nach 153 a der Strafprozessordnung ad absurdum zu führen. Uneinsichtig, mutmaßlich Beweismittel vernichtend, zeigt er ein Verhalten, das bei zigtausend Beschuldigten oder Angeklagten festzustellen ist. Ein Verhalten, das einer Einstellung des Verfahrens gegen Auflagen in diesen Fällen widerspricht. Edathy ist nicht Opfer sondern Täter und die handelnde Justiz in Niedersachsen hat mit ihrem Verhalten dazu beigetragen, einen der schmutzigsten Kriminalitätsbereiche zu bagatellisieren. Was für ein Signal an die "Produzenten" und Kinderschänder sowie deren Abnehmer solcher "Produkte".

Ein Blick in die Norm der Strafprozessordnung bringt vielleicht Klarheit:

153a (Auflagen und Weisungen) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht

Können 5.000,00 € Geldbuße tatsächlich das "öffentliche Interesse" an der Strafverfolgung beseitigen? Steht die Schwere der Schuld angesichts der Opfer im Kindesalter in diesem Fall einer Einstellung nicht entgegen?

Gerade im Fall Edathy gehören beide Kriterien mehr als auf den Prüfstand. Edathy ist nach wie vor uneinsichtig, hält die Beschaffung und den Besitz kinderpornografischen Materials offenbar für ein Kavaliersdelikt. Kein Wort zu den Darstellern und Opfern im Kindesalter. Kein Wort zu den Peinigern der Kinder, die durch den Kauf des Materials ganz erheblichen Profit machen. Nichts dergleichen, statt dessen ein direkt nach der Einstellung des Verfahrens erfolgtes Dementi.

Auch die vorgetragenen Belastungen, der Verlust des öffentlichen Ansehens, seines Bundestagsmandates weil in der Öffentlichkeit stehend, ziehen hier nicht. Jeder Beschuldigte hat derartige Konsequenzen zu tragen, vielleicht nicht auf der großen Bühne der Öffentlichkeit, sondern in seinem ganz persönlichen Umfeld, seiner Familie, seiner Nachbarn und an seinem Arbeitsplatz. Auch das wird immer gerne vergessen, wenn es um vermeintlich "Prominente" geht.

Ach ja, wie sollen 5.000,00 € Geldbuße das "öffentliche Interesse" beseitigen, betrachtet man das ganze Ausmaß der Affäre. Eine "Strafvereitelungskompanie" wie ein Oberstaatsanwalt, mit dem ich lange Jahre zusammengearbeitet habe, es regelmäßig nannte, wenn eine Vielzahl von "Akteuren" Beschuldigte in die Lage versetzten, Beweismittel beiseite zu schaffen. Im Fall Edathy gibt es einige, die jetzt offensichtlich froh sei können, dass dieses Kapital zumindest in einem Strafprozess nicht behandelt wird. Und wer jetzt auf den eingesetzten Untersuchungsausschuss zur Aufarbeitung der Beteiligung von Spitzen der SPD hofft, wird mit höchster Wahrscheinlichkeit enttäuscht werden. Es wird lediglich ein Bauernopfer übrig bleiben: Der zurückgetretene Minister Hans-Peter Friedrich. Immerhin die politische Galerie hat seinerzeit jemanden gefunden.

Und man darf auch gespannt sein, wie sich das Ermittlungsverfahren gegen den Generalstaatsanwalt u.a. wegen des Verdachts des Verrats von Dienstgeheimnissen entwickelt. Ein Vorgang, sollte sich dieser Verdacht bestätigen, der ebenfalls das Vertrauen in unseren Rechtsstaat erschüttern dürfte.

Die Bürgerinnen und Bürger jedenfalls blicken nicht zum ersten Mal fassungslos und erschüttert auf die Justiz und die zunehmend aus der Balance geratenen Prinzipien eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Nein, und es sind nicht die immer gern zitierten "Stammtische", sondern eine breite Masse der Bevölkerung, die zu Recht nicht mehr versteht, warum sie bei einem nicht einmal grob fahrlässig verursachten Verkehrsunfall mit Schleudertrauma 500,00 € Geldbuße auferlegt bekommen

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